Seit Februar 2020 dokumentiere ich Venus regelmäßig mit meinem C11 EdgeHD und dem Baader FFC Flatfield-Converter. Vor jeder Image-Session zeichnete ich RGB-Daten mit dem Smartphone auf und teilte bei der Gelegenheit ein Livebild der Venus auf Instagram (@sebastianvoltmer), was die Planeten-Fans jedes Mal erfreute, da nur die Wenigsten die Gelegenheit haben, eine Venussichel am Tageshimmel zu sehen.

© Dr. Sebastian Voltmer

Besonders spannend war natürlich die extrem nahe untere Konjunktion zur Sonne am 3. Juni 2020! Bereits rund 10 Tage vorher zeigten sich übergreifende Hörnerspitzen. Doch da die Sonne in den Tubus schien, war der Kontrast nicht optimal. Eine Verbesserung war mit einem selbstgebauten Schirm möglich, der die Teleskopöffnung in den Schatten tauchte. So wurde auch das lokale Tubusseeing merklich gemindert. Noch weiter konnte ich die Schärfe steigern, indem ich Eisbeutel um den Tubus wickelte. Drei Tage vor der Konjunktion zur Sonne bildete sich ein nahezu vollständiger Venus-Ring aus, der durch die rückwärtig beleuchtete Venusatmosphäre hervorgerufen wird.

© Dr. Sebastian Voltmer

© Dr. Sebastian Voltmer

Die Sonne traf bereits auf den Hauptspiegel; das Licht ging aber glücklicherweise (unter ständiger Kontrolle) knapp am Fangspiegel vorbei, wodurch nichts beschädigt wurde. Bis 31. Mai konnte ich auf diese Weise mit dem SCT beobachten. Am 1. Juni musste dann aber mein bewährter Traveler von Astro-Physics ran. Mit dem 4”-Refraktor ließ sich bei der knappen Sonnennähe ein schmaler Venus-Ring am hellen Himmel sichtbar machen. Das Himmelsblau konnte mit dem Baader Rot-Filter RG-610 effektiv unterdrückt werden. Als die Venus weniger als 2 Grad von der Sonne entfernt stand, nahmen die Lichteinstrahlungen durch teils direktes Sonnenlicht zu, dass es zu einer wahren Challenge wurde.

© Dr. Sebastian Voltmer

Als ein großes Problem gestaltete sich der Pollenflug. Im gleißenden Licht wimmelte es nur so von hellen Flecken, dass die Venus nur selten frei von Störeinflüssen war. Auch schwacher Zirrus am überwiegend transparenten Himmel ließ die Venus im Bild sofort verschwinden. Ich dachte über längere Belichtungszeiten nach, um so eine Bewegungsunschärfe der Pollen herbeizuführen – das Seeing war gut genug. Mir kam dann die Idee, die Dokumentation mit einem Baader Herschel-Prisma fortzusetzen. Durch die Lichtdämpfung des Prismas in Verbindung mit einem ND 1,8 Filter konnten die Belichtungszeiten der Videoframes deutlich erhöht werden und mir wurde eine sicherere Beobachtung ermöglicht. Gemeinsam mit der Venus näherte ich mich so der Sonne bis auf 35 Bogenminuten an – bis zum Wetterumschwung. Die extremste Beobachtung, die ich dank der technischen Mittel durchführen konnte.

Nach der schwierigen Auswertung der Videofiles und den handselektieren Einzelbildern, zeigte sich, dass der Venusbogen Unregelmäßigkeiten in der Leuchtintensität aufwies. Durch einen Aufruf in den sozialen Netzwerken meldeten sich Planetenforscher zu Wort, die die Vermutung äußerten, dass es in der obersten Atmosphärenschicht zu lokalen Druckveränderungen kommt, die ein unterschiedliches Aerosol-Aufkommen zur Folge in der Venusatmosphäre hat. Solche feinen Unterschiede von der Erde aus in extremster Nähe zur Sonne sichtbar werden zu lassen, ist äußerst faszinierend.